Metabolische Chirurgie: Neue Wege in der Behandlung von Adipositas
- Länger Leichter Leben
- 30. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Adipositas ist längst mehr als nur ein ästhetisches Problem – sie ist eine chronische Erkrankung mit weitreichenden gesundheitlichen Folgen wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Gelenksproblemen und einem erhöhten Krebsrisiko. In einem aktuellen Gespräch mit Prof. Dr. Gerhard Prager, einem führenden Experten für metabolisch-bariatrische Chirurgie, wird deutlich, welche entscheidende Rolle die Chirurgie heute in der Adipositasbehandlung spielen kann.
Was ist metabolische Chirurgie
Früher sprach man von „bariatrischer“ Chirurgie – also der Chirurgie für die „Schweren“. Heute steht klar im Fokus: Es geht um den Stoffwechsel. Die metabolische Chirurgie umfasst operative Eingriffe, die nicht Fett absaugen, sondern die Anatomie des Verdauungstrakts so verändern, dass hormonelle und metabolische Prozesse positiv beeinflusst werden.
Beispiele sind der sogenannte „Schlauchmagen“ oder der Magenbypass. Dabei wird nicht nur das Hungergefühl reduziert, sondern auch die Produktion bestimmter Hormone wie GLP-1 angeregt – ein Hormon, das auch in aktuellen Abnehmspritzen wie Ozempic oder Saxenda eingesetzt wird.
Operation statt Diät?
Eine Operation ist immer ein großer Schritt – und keineswegs die erste Wahl. Wie Prof. Prager betont, steht am Anfang jeder Behandlung der konservative Weg: Ernährungsumstellung, Bewegung, eventuell medikamentöse Therapie. Doch gerade bei massivem Übergewicht (BMI über 40) oder bereits bestehenden Folgeerkrankungen ist die Chance auf dauerhaften Erfolg mit konservativen Maßnahmen gering. Hier kann eine Operation helfen – mit nachweislich langfristigen Erfolgen.
Vorteile gegenüber Medikamenten
Neue Medikamente zur Gewichtsreduktion sind vielversprechend – aber sie wirken oft nur so lange, wie sie eingenommen werden. Wird die Therapie abgebrochen, folgt meist der Jojo-Effekt. Anders bei der metabolischen Chirurgie: Die körperlichen Veränderungen sind dauerhaft, der Stoffwechsel wird langfristig umgestellt. Studien zeigen, dass viele Patienten über Jahre hinweg von einer Remission des Diabetes profitieren.
Adipositas ist eine Krankheit – kein Lifestyle-Problem
Ein zentrales Anliegen von Prof. Prager ist auch der gesellschaftliche Umgang mit Übergewicht. Adipositas wird häufig mit Disziplinlosigkeit gleichgesetzt. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung – mit genetischer, hormoneller und psychischer Komponente. Der Begriff „der fette Mensch“ ist ebenso stigmatisierend wie medizinisch unkorrekt. Richtig wäre: „Ein Mensch, der an Adipositas leidet.“
Neue Definition von Adipositas
Die renommierte „Lancet Commission“ schlägt mittlerweile vor, zwischen „präklinischer“ und „klinischer“ Adipositas zu unterscheiden: Wer zwar zu viel Körperfett, aber noch keine Organbeeinträchtigung hat, fällt unter „präklinisch“. Kommen jedoch Folgeerkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck hinzu, handelt es sich um eine „klinisch relevante“ Form – und damit klar behandlungsbedürftig.
Chirurgie ist kein Freibrief
Eine Operation ist keine „Alles-ist-dann-gut“-Lösung. Sie öffnet eine Tür – aber durchgehen müssen die Patienten selbst. Ein gesunder Lebensstil, Bewegung und Achtsamkeit im Alltag bleiben entscheidend. Wer sich langfristig daran hält, hat gute Chancen auf ein leichteres, gesünderes Leben.
Fazit
Die metabolische Chirurgie bietet eine wirkungsvolle Ergänzung zur konservativen Therapie bei Adipositas. Sie kann Lebensqualität verbessern, schwere Folgeerkrankungen verhindern – und Menschen helfen, aus einem gesundheitlichen Teufelskreis auszubrechen. Wichtig ist, dass wir als Gesellschaft, aber auch als medizinisches System, lernen, Adipositas ernst zu nehmen – und Betroffenen mit Respekt, Aufklärung und den besten verfügbaren Optionen begegnen.
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